Nabokovs Berlin              
 Streifzug3

 

Markgrafenstraße

Kochstraße

Panoptikum

Unter den Linden

Brandenburger Tor

 

3. Streifzug: Über die Friedrichstraße zum Brandenburger Tor

Ausgangspunkt der zweiten Etappe unserer Erkundungen ist die U-Bahnstation Kochstraße. Mittlerweile hat sich der Sommerregen zu einem typischen Berliner Nieselschleier verdichtet, so dass unser Blick auf die hohen Häuser, die in diesem Stadtgebiet von Berlin stehen, teilweise durch Regenschirme verdeckt ist. Im grauen Tageslicht fällt der Blick sogleich auf den früheren Checkpoint Charlie. Den Nabokov-Fan fesselt allerdings mehr ein Stück der Berliner Mauer, das, mit einigen metallenen Schmetterlingen verziert, am Eckgebäude Kochstraße / Friedrichstraße aufgestellt ist. Von der U-Bahnstation geht es zunächst rechts in die Kochstraße und nach kurzer Zeit in die Markgrafenstraße.

Station 19: Markgrafenstr. 87

Dieses Haus, in dem zeitweise der Verlag „Slowo“ residierte und wo Nabokovs „Mašen‘ka“ 1926, „Korol‘, Dama, Valet“ 1928 und „Zaščita Lužina“ 1930 erschienen, ist mit intakter Fassade am Rande einer großen Freifläche erhalten. Über sie geht der Blick bis zur hinteren Kante des neuen Jüdischen Museums und links daneben zum herrlichen Barockbau des Berlin–Museums. Außer Wohnungen bietet Nr. 87 heute Raum für die Geschäftsstelle des Kreisverbands Kreuzberg der CDU.

Auf der Markgrafenstraße geht es zurück zur Kochstraße, der wir zunächst bis zur Friedrichstraße folgen. Im Zeitungsviertel Kochstraße ist nur Nr. 18 in alter Pracht erhalten, in dem heute die „t a z“ gemacht wird.

Station 20: Kochstr. 23/24

Ein moderner funktionaler Bau erhebt sich jetzt, wo einst die Zeitung „Slowo“ verlegt wurde. An der Stelle des Ullsteinhauses, wo die Zeitung „Rul‘“ herausgegeben und „König, Dame, Bube“ verlegt wurden, ragt am östlichen Ende der Kochstraße seit den Hochzeiten des Kalten Kriegs das Springer-Hochhaus.

Von der Kochstraße aus biegen wir nun in die Friedrichstraße. Einkaufspassagen, Verwaltungs- gebäude, Banken und dergleichen säumen beide Straßenseiten. Ein Eindruck der Vergangenheit kann sich nicht einstellen, weder bei Nr. 179, wo einmal E.T.A. Hoffmann wohnte[1], noch an der Ecke Französische Straße, wo Rahel Varnhagen Salon hielt (Nr. 20)[2], aber auch nicht am und im Russischen Haus, das in seiner Nachkriegsmonumentalität eher vor sich hin dämmert, oder bei Nr. 159, wo einst Grubert im zweiten Stock die Schmetterlingsfreunde in sein Geschäft lockte. Lediglich kurz vor Unter den Linden bietet sich uns ein Bild der Vergangenheit.

Station 21: Ecke Friedrichstraße/Behrenstraße

Das prunkvolle Gebäude Ecke Friedrichstraße/ Behrenstraße, das wohl nur ausgebrannt war und weitgehend im alten Stil wiederaufgebaut wurde, erinnert an einen Ort aus Nabokovs Kindheit, den Spielzeugladen in der Kaisergalerie.

Nach links biegen wir in Unter den Linden ein.

 

Station 22: Unter den Linden 7

Wir passieren die Botschaft der Russischen Föderation. Sie hat durch mehr als ein Jahrhundert den Diplomaten aller Regimes Rußlands gedient. Ein strahlender fünfzackiger Stern auf der Spitze der Turmfahnenstange erinnert an eine verflossene Zeit. In der Botschaftskirche wurde der Gedenkgottesdienst für Nabokovs Vater gehalten.

 

 

 

An Cafés für müde Touristen und raschelnden Lindenbäumen entlang gehen wir in Richtung Brandenburger Tor.

 

Station 23: Pariser Platz

Vor dem Bauzaun schweift der Blick von links vom Hotel Adlon, das in alter Gediegenheit wie zu Nabokovs Kindertagen wiedererstanden ist – Nabokov hat hier tatsächlich, auf Zwischenstationen mit dem Zug an die sommerliche Riviera, mit seinen Eltern übernachtet – über die britische Botschaft zum Brandenburger Tor, das Nabokov in seinem Textauszug „Güte“ beschreibt. Es hat sich für das gleich beginnende Ereignis, das Finale der Fußball–WM, gerüstet und trägt Wadenschoner. Der Blick die Linden hinunter geht über eine Menge künstlerisch gestalteter Bären, die das Ereignis kalt läßt.

Das beginnende Finale der Fußball-WM und auch der heftig einsetzende Regen mahnen zur Eile, und, noch fußlahm vom Vortag, beschließen wir, nicht weiter bis zum Potsdamer Platz vorzudringen, da er ohnehin wegen tobender deutscher Fans gesperrt ist. Der Potsdamer Platz dient als Kulisse in „Dar“ und birgt unter dem heutigen Sony-Center noch eine Nabokovsche Station. Dort, wo heute das riesige Zeltdach gespannt ist, befand sich vormals, auf der Bellevuestraße 14, der Grotrian-Steinweg-Saal. Hier wurde Nabokovs erstes Theaterstück, „Der Mann aus der UdSSR“ aufgeführt.


[1]  Vgl. Bienert, S.11.
[2]  Vgl. ders. S.22.

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