Nabokovs Berlin              
 Streifzug2

 

Trautenaustraße

Sächsische Straße

Bleibtreustraße

Hochmeisterplatz

Westfälische Straße

Nestorstraße

2. Streifzug: Von der Trautenaustraße bis zum Hochmeisterplatz

Ausgangs- und Treffpunkt ist nach einem erholsamen und stärkenden Mittagessen die U-Bahnstation Güntzelstraße auf der schnurgerade gen Süden ausfallenden Bundesallee. Von der viel befahrenen Bundesallee biegen wir links in die schöne und ruhigere Güntzelstraße, von der scharf rechts die Trautenaustraße abzweigt.

Station 12: Trautenaustr. 9

Nabokov lebte in dem erhaltenen Haus nur im August 1924. Es beherbergte aber auch Andrej Belyj und Marina Cvetaeva, an die eine Plakette neben der Tür erinnert. Das Haus, dem man sein Alter ansieht, ist deutlich kleiner und kleinbürgerlicher als das in der Motzstraße. In dem Ladenlokal parterre, ein Schaufenster, eine Tür, dahinter der kleine Laden, nach hinten, ebenso dunkel, eine Miniwohnung: das könnte die Szenerie von Nabokovs Erzählung „Pil‘gram“ sein. Das Marmorimitat im Hausflur ist frisch koloriert, links vor der Treppe ist der Zweipersonenaufzug installiert, die hölzerne Stiege geht auf ein großes Fenster mit einer farbigen Jugendstilumrahmung auf dem ersten Treppenabsatz.

Der oft und viel berufene Atem der Geschichte will nur zart säuseln, doch vor dem inneren Auge bildet sich ein Film, Pil‘gram, der muffelige Verkäufer von Pfennigartikeln für die Kinder der nahen Grundschule, der traurige Träumer von Schmetterlingsparadiesen.

Wir folgen der Trautenaustraße bis zum stillen Nikolsburger Platz, von wo aus wir in die gleichnamige Straße einbiegen. Über den Hohenzollernplatz hinweg geht es schräg links in die Düsseldorfer Straße, von der aus wir rechts in die Sächsische Straße einbiegen.

Station 13: Sächsische Straße

Im September 1921 wohnte Nabokov in der Sächsischen Str. 67. Die Häuserzeile ist allerdings im Krieg zerstört und neu bebaut worden.

Die Sächsische  Straße mündet nach Ãœberquerung  der Lietzenburger Straße in die Bleibtreustraße.

Station 14: Bleibtreustr. 27

Das Haus in Kudamm-Nähe, in dem Nabokov Taborickij, den Mörder seines Vaters, als Bürokraten wieder traf, hätte vielleicht Bombenkrieg und Eroberung der Stadt getrotzt, kaum aber der Schaffung moderner Geschäfts- und Büroräume in den letzten vierzig Jahren.

Wir gehen auf den Kurfürstendamm hinaus, der uns mit freudigem Autogehupe begrüßt – die ferne Fußballweltmeisterschaft ist jetzt in einen organisierten und polizeibetreuten Autokorso übergegangen. Angesichts von Sonnenbrand, Durst und schmerzenden Füßen entschließen wir uns, ein ohnehin völlig zerstörtes Teilstück des Kurfürstendamms auszulassen – zum Kriegsende sind am Kurfürstendamm von 235 Bauten noch 43 nutzbar – und überspringen den Tanzpalast Fiametta (Nr. 119), wo Nabokov auf einem Wohltätigkeitsball Vera kennenlernte, und das Theater Karussel in der Berliner Secession (Nr. 232). Stattdessen suchen wir abweichend von der vorgesehenen Route über den Kurfürstendamm unseren direkten Weg zum vorgesehenen Ziel. Wir folgen dem Kurfürstendamm über die Leibnitzstraße, die Brandenburgische Straße und die Cicerostraße hinweg.

Station 15: Rollschuhbahn, Kurfürstendamm 151

Auf dem Gelände zwischen Cicerostraße und Nestorstraße muss am Kurfürstendamm früher die Rollschuhbahn gelegen haben, auf der Nabokov als Kind kunstvoll seine Runden fuhr und seine ersten Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht machte.

Wir biegen links in die Nestorstraße ab, die uns direkt ins Herz von Nabokovs Berlin, den Hochmeisterplatz, führt.

Station 16: Hochmeisterplatz

Der Hochmeisterplatz spielt eine zentrale Rolle in Nabokovs Berliner Hauptwerk Dar. Er wird zwar nie namentlich erwähnt, ist aber eindeutig zu identifizieren. Die Kreuzung von neun Straßen, die sich „Platz“ nennen läßt, wird überragt von der roten Hochmeisterkirche. Nördlich von ihr, auf der anderen Seite der Westfälischen Straße, liegt der kleine Park. In ihm befand sich bis zum Jahr 2000 eine öffentliche Toilette, die „an Baba Jagas Lebkuchenhäuschen erinnert“. Auch den Kiosk, an dem sich die Straßenbahnschaffner mit Milch labten, gibt es nicht mehr, es gibt ja hier auch keine Straßenbahn mehr.

Vom Hochmeisterplatz folgen wir ein kleines Stück der Nestorstraße, um gleich darauf rechts in die Westfälische Straße zu biegen.

Station 17: Westfälische Straße

Von Anfang bis Juli 1932 lebt Nabokov in der Westfälischen Straße 29. Das Haus wurde neu aufgebaut.

Wir gehen zurück auf die Nestorstraße und folgen ihr weiter in Richtung Hohenzollerndamm. Hier endlich stoßen wir auf eine Berliner Ehrung des großen Dichters, die zugleich Endpunkt unserer zweiten Wanderung auf den Spuren Nabokovs in Berlin ist.

Station 18: Nestorstraße 22

Von Juli 1932 bis Januar 1937 wohnt Nabokov in der Nestorstraße 22, im dritten Stock links. In dieser Zeit wird der Sohn Dmitrij geboren, der Roman Dar begonnen.

Das Haus wird zwar im Krieg hinab bis zum 2. Stock zerstört. Doch ist das Gebäude, das 1951 vereinfacht auf altem Grundriss wieder aufgebaut wurde, noch zu erkennen.

Seit 1999 befindet sich am Haus eine Gedenktafel für Nabokov. In Dar wird die Nestorstraße zur Agamemnonstraße fiktionalisiert, bleibt aber in der Altherrenmannschaft des trojanischen Kriegs.

 

Streifzug1

Streifzug2

Streifzug3

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